Künstliche Intelligenz: Wo stehen wir in Deutschland und Baden-Württemberg?

Die künstliche Intelligenz ist nicht mehr aufzuhalten: In Asien erobern die ersten unbemannten Drohnen von JD.com die Lüfte, in den USA drängen fast täglich neue Geschäftsmodelle ans Licht der Öffentlichkeit, die auf künstlicher Intelligenz basieren.

So hat etwa entrupy aus New York eine Lösung für die mittlerweile weitverbreitete Masche gefunden, hochpreisige Markenkleidung einzukaufen und billige Imitate zurückzuschicken. Die Software des Unternehmens erkennt die Fälschungen per KI und ermöglicht der Textilbranche so die Betrugsverfolgung. Die App Hopper wiederum informiert ihre Nutzer über den perfekten Buchungszeitpunkt, an dem sie für Hotels und Flüge den niedrigsten Preis zahlen, während Stitch Fix seinen Kunden die besten Kombinationen aus tausenden von Kleidungsstücken anbieten möchte.

An kreativen Geschäftsmodellen, die auf künstlicher Intelligenz basieren, mangelt es in den USA und in Asien also nicht. Zumal auch die großen vier aus den USA (Google, Apple, Facebook und Amazon) sowie die großen drei aus China (Baidu, Alibaba und Tencent) sowie JD.com und Ping An auf diesem Gebiet kräftig mitmischen.

In Deutschland gibt es außer SAP keine derartigen Player. Dabei hat die Corona-Pandemie besonders deutlich gemacht, wie sehr wir digitale Geschäftsmodelle brauchen.

In diesem Blog-Beitrag wollen wir uns einmal näher anschauen, welche Strategien Deutschland und Baden-Württemberg verfolgen, um die Schlüsseltechnologie der künstlichen Intelligenz voranzubringen, damit auch bald bei uns solche Geschäftsmodelle möglich sind.

Welche Strategie verfolgen wir?

Deutschland und die Bundesregierung

Bei der Bundesregierung genießt das Thema eine hohe Priorität: 2018 verabschiedete sie ihre Strategie für die künstliche Intelligenz, um „Deutschland und Europa (…) zu einem führenden Standort für Entwicklung und Anwendung von KI-Technologien“ zu machen. „Künstliche Intelligenz wird eine Schlüsseltechnologie für die gesamte Wirtschaft“, so Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie. Bei der Strategie der Bundesregierung geht es darum, folgende Ziele zu erreichen:

  • Deutschland und Europa zu einem führenden Standort für die Entwicklung und Anwendung von KI-Technologien zu machen und die künftige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern,
  • eine verantwortungsvolle und gemeinwohlorientierte Entwicklung und Nutzung von KI sicherzustellen und
  • KI im Rahmen eines breiten gesellschaftlichen Dialogs und einer aktiven politischen Gestaltung ethisch, rechtlich, kulturell und institutionell in die Gesellschaft einzubetten.

Schaut man sich die seitdem umgesetzten Maßnahmen an, dann wird schnell klar, dass der Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung liegt. Darüber hinaus wurde die Initiative „Mittelstand 4.0“ mit der Aufgabe betraut, die Ergebnisse daraus mit Hilfe von KI-Trainern für konkrete Anwendungen in den Mittelstand zu transferieren.

In der KI-Strategie des Bundes geht es um zwölf Handlungsfelder, von denen sich die geförderten Maßnahmen ableiten:

  • Forschung in Deutschland und Europa stärken, um Innovationstreiber zu sein
  • Innovationswettbewerbe und europäische Innovationscluster
  • Transfer in die Wirtschaft, Mittelstand stärken
  • Gründungsdynamik wecken und zum Erfolg führen
  • Arbeitswelt und Arbeitsmarkt: Strukturwandel gestalten
  • Ausbildung stärken und Fachkräfte bzw. Expertinnen und Experten gewinnen
  • KI für hoheitliche Aufgaben nutzen und Kompetenzen der Verwaltung anpassen
  • Daten verfügbar machen und Nutzung erleichtern
  • Ordnungsrahmen anpassen
  • Standards setzen
  • nationale und internationale Vernetzung
  • Dialoge in der Gesellschaft führen und den politischen Handlungsrahmen weiterentwickeln

Das Ziel der Bundesregierung ist klar: Deutschland soll in Europa Treiber der Technologie werden und das, indem die nationale Forschung ausgebaut wird, ein schneller Transfer zwischen Forschung und Wirtschaft entsteht, Datennutzung und Datensicherheit in den Fokus rücken und ein internationaler Dialog geführt wird.

Interessant: Das bekannteste und renommierteste Forschungszentrum zur künstlichen Intelligenz in Europa steht mit dem DFKI übrigens in Kaiserslautern.

Baden-Württemberg und die vier Säulen

Das Land Baden-Württemberg möchte mit voller Kraft in die nationale Strategie einzahlen und bei der Umsetzung der gesteckten Ziele unterstützend wirken.

Außerdem verfolgt Baden-Württemberg den ehrgeizigen Plan, weltweit Leitregion des digitalen Wandels zu werden, die besten Köpfen anzuziehen und Daten für Wirtschaft und Wissenschaft als Grundlage für die Entwicklung von KI-Anwendungen bereitzustellen. Hier gehts zur KI-Strategie von BW.

Hierzu fokussiert sich das Land auf mehrere Wege der Förderung:

Kurz gesagt: Baden-Württemberg fördert gezielt die Forschung, den Transfer, ausgewählte kleine Projekte und gesamte Ökosysteme, die die Grundlage für die Entstehung von Hot-Spots im Land bilden sollen.

Hot-Spots in Baden-Württemberg

Den Aspekt der neu entstehenden Ökosysteme finden wir besonders spannend. Als Vorzeigeeinrichtung mit dazugehörigem Ökosystem lässt sich wohl das CyberValley in Tübingen bezeichnen. Das CyberValley hat es sich zur Aufgabe gemacht, Partner aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft rund um das Thema künstliche Intelligenz zusammenzubringen und für einen regelmäßigen Austausch zu sorgen. Das ermöglicht auch eine internationale Zusammenarbeit.

Im de:hub für künstliche Intelligenz in Karlsruhe sollen KI-Start-ups entstehen und gefördert werden. Unterstützt durch das CyberForum und das FZI können die Start-ups hier auf bewährte Strukturen zurückgreifen, die schon seit Jahrzehnten immer wieder erfolgreiche Unternehmen hervorbringen.

Fehlt nur noch ein Ökosystem rund um die Hochschulen. Dieses soll mit den Reallaboren für künstliche Intelligenz entstehen. Dort sollen gezielt neue Anwendungen getestet werden.

Fazit  

Deutschland und Baden-Württemberg geben also seit 2018 Vollgas, unserer Meinung nach genau im richtigen Maß. Es gibt vielleicht nicht das eine Unternehmen oder die eine Einrichtung, die alles überstrahlt (wenn, dann noch am ehesten das DFKI). Stattdessen entsteht derzeit eine Vielzahl unterschiedlicher Player. Das lässt uns Parallelen zu unserer Wirtschaftsstruktur ziehen, die uns seit jeher internationale Anerkennung einbringt: Unsere Wirtschaft ist breit und stark aufgestellt, den größten Anteil daran hat unser Mittelstand. Die Last und Verantwortung ist auf viele Schultern verteilt.

In den USA und Asien existieren im Vergleich dazu einige große Player, die alles andere überstrahlen und somit viele Ressourcen für sich beanspruchen (etwa junge Talente).

Was am Ende die richtige Strategie sein wird, wagen wir nicht vorauszusagen. Das wird die Zukunft zeigen.

Zum Schluss noch ein Appell, der uns am Herzen liegt: Wir müssen mehr miteinander reden und deutlicher machen, was wir täglich leisten! Denn hier in Deutschland haben wir eine starke Wissenschaft, einen breiten und starken Mittelstand, entstehende Hot-Spots und vielversprechende Start-ups, in die immer mehr Gelder investiert werden. Schwäche zeigen wir jedoch bei der Kommunikation. Dabei ist diese besonders entscheidend, wenn es darum geht, Hürden abzubauen, um eine neue Technologie einzuführen.

Lasst uns also offen und auf Augenhöhe zusammenarbeiten und die Technologie so gestalten, dass sie uns und unserer Wirtschaft hilft und diese nicht ersetzt. Denn eines ist klar: Die USA und China schlafen nicht.

Wie man als kleines und mittelgroßes Unternehmen von der künstlichen Intelligenz profitieren kann und seine ersten Schritte damit macht, darum soll es im nächsten Blog-Beitrag gehen. Freut euch drauf!

PS: Bitte denkt daran, dieser Blogbeitrag spiegelt unsere eigene Meinung  wider.  

Autor: Andre Tiede, Projektleiter HubWerk01:KI

Genutzten Quellen wurden jeweils im Artikel direkt verlinkt.