Digitalisierung und Nachhaltigkeit

Teil 1

Wie nachhaltig ist Digitalisierung?

Klima- und Umweltschutz gehören zu den drängendsten Themen unserer Zeit. Der Klimawandel ist nicht erst seit Beginn der „Fridays-for-Future“-Bewegung als gesamtgesellschaftlich relevantes Phänomen so präsent wie nie. Er stellt unser Verhältnis zu den natürlichen Lebensgrundlagen infrage. 

Der Diskurs über umweltpolitische Maßnahmen dreht sich in erster Linie um Themen wie CO2-Steuer oder Massentierhaltung und lässt die Folgen der Digitalisierung im Bezug zur Umwelt außer Acht. Erst in den letzten Jahren ist dieses Thema stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt, Veranstaltungen und Veröffentlichungen zu diesem Thema haben spürbar zugenommen.

Wusstet ihr zum Beispiel, dass eine einfache Google-Suchanfrage ein bis zehn Gramm CO2 erzeugt? Google ist nach wie vor die wichtigste Suchmaschine, dabei gibt es auch Alternativen wie die Suchmaschine Ecosia: Für jede Suchanfrage wird ein Baum für Aufforstungsprojekte finanziert. So wurden in den letzten Jahren bereits mehr als 65 Millionen Bäume gepflanzt.

Digitalisierung ist mit einem massiven Mehrverbrauch an Energie verbunden und erhöht den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen. Die Nutzung digitaler Technologien und die dafür benötigte Infrastruktur verursacht etwa 4 % der globalen CO2-Emissionen. Der Flugverkehr verursacht im Vergleich etwa 2,5 % des weltweiten CO2-Ausstoßes.

Ein großes Problem sind Rechenzentren, die die Datenströme verarbeiten und einen hohen Energieeinsatz für Betrieb und Kühlung erfordern. Rund 2,7 % des europäischen Strombedarfs geht auf das Konto solcher Rechenzentren. 2030 sollen es bereits 3,2 % sein. Rechenzentren müssen optimiert werden, damit sie weniger Energie verbrauchen. Die EU hat einen Katalog an Vorschlägen und Anforderungen vorgelegt, die Rechenzentren ab einer bestimmten Größe künftig erfüllen müssen. 

Die Nutzung digitaler Technologien hat in Industrieländern enorm zugenommen. So gehören nicht nur E-Mails und die Nutzung von WhatsApp inzwischen zu unserem digitalen Alltag, sondern auch das Streamen von Videos oder Musik über YouTube, Netflix und Spotify. Zudem verfügt der durchschnittliche Konsument über mehrere digital vernetzte Geräte wie Smartphones, Computer oder Smart-TVs. Auch das Internet der Dinge, die Vernetzung von physischen Objekten mit der digitalen Welt, ist weiter auf dem Vormarsch.

Der Energiebedarf der Geräte selbst und deren Herstellung kommen noch hinzu. Nicht nachhaltige Produktion unter umweltzerstörerischen und menschenverachtenden Methoden trägt zur Problemlage bei. Ebenso der Verbrauch von Konfliktmineralien wie seltene Erden und Metalle, die in moderner Technologie verbaut sind. Eine nicht sachgemäße Entsorgung, der sogenannte E-Waste oder auch geplante Obsoleszenz, die bewusste Einschränkung der Nutzungsdauer von Produkten, sind weitere Problemfelder.

Chancen der Digitalisierung

Doch die Digitalisierung kann auch einen erheblichen Beitrag für den Klimaschutz leisten und zur Lösung dieser Jahrhundertaufgabe beitragen. 

Drohnen können in der Landwirtschaft helfen, Äcker können präzise gedüngt und Arten geschützt werden. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz lassen sich Verkehrsströme optimieren und so Energie sparen. Fahrräder, Busse und Autos in der Stadt und auf dem Land werden verbunden.

Digitalisierung kann helfen, Alltagsaufgaben besser zu lösen oder unser Konsumverhalten positiv zu beeinflussen. Beim Online-Shopping kann man sich vorab über Produkte informieren, und zwar nicht nur über den Preis oder deren Bewertungen, sondern zunehmend auch über die Herkunft und die Produktionsbedingungen. Auch durch das Nutzen der immer mehr verbreiteten Angebote der Shared Economy und Secondhandshops haben Konsumenten die Möglichkeit, weniger und vor allem bewusster einzukaufen. Die Digitalisierung unterstützt diese Trends. Auch wenn Sharing-Konzepte und Online-Einkäufe nicht per se die CO2-Emissionen senken, ist es eine positive Tendenz.

Denkanstöße für eine umwelt- und klimagerechte Digitalisierung

Wie lassen sich Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammendenken? Das Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist ein komplexes Thema. Um diese beiden gesellschaftlich, ökologisch und wirtschaftlich relevanten Megatrends zu vereinen, ist ein Umdenken vonnöten. 

Digitalisierung muss umweltfreundlich und nachhaltig gestaltet werden. Dafür bedarf es klarer Prinzipien und Regeln, die sicherstellen, dass die Digitalisierung zukünftig Faktoren wie Umweltschutz und soziale Fragen berücksichtigt. Dies kann im besten Fall auch dazu führen, dass sich Digitalisierung “Made in Germany” oder “Made in Europe” von der US-amerikanischen und chinesischen Konkurrenz abgrenzt.

Auch wir als Konsumenten können einen Beitrag zum verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen leisten. Das heißt nicht, dass wir nun Digitalabstinenzler werden oder auf unsere Lieblingsserie bei Netflix verzichten müssen. Jedoch sollten wir unser Bewusstsein dafür schärfen und unser digitales Nutzerverhalten so verändern, dass wir soziale und ökologische Schäden verringern. Beim Streamen kann man auf eine 4K-Auflösung verzichten, wenn auch HD ausreicht. Im beruflichen Kontext könnten Videokonferenzen zum Teil Reisen ersetzen. Auch das Nutzen von nachhaltigen Anbietern oder ein nachhaltiges Nutzen von Technik kann ein Schritt in die richtige Richtung sein.

Komplexe Sachverhalte lassen sich oft nur schwer auf den Punkt bringen. Albert Einstein ist dies mit folgender Feststellung gelungen: “Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.”

Genutzte Quelle:

Sühlmann-Faul, Felix und Rammler, Stephan (Hrsg.): Der blinde Fleck der Digitalisierung. Wie sich Nachhaltigkeit und digitale Transformation in Einklang bringen lassen. oekom Verlag, München 2018.

Autorin: Vanessa Gantner, Content-Management HubWerk01